Hauke Jaacks, Hauke Jaacks Landwirtschaft, Hamburg

Muss ein bestehender Milchbetrieb einen Reiterhof weichen? Das Grundstücksverkehrsgesetz in der Praxis.

Wir wollen ausdrücklich klarstellen, dass sich die Kritik nicht gegen den Investor richtet, sondern an die Verwaltung. Das Vorhaben des Investors ist nicht verwerflich. In der Kritik steht die Anwendung des Grundstücksverkehrsgesetzes durch die Hamburger Behörde.

Hauke Jaacks ist kurz davor seinen Hof zu verlieren. 2019 erfuhr der Landwirt zufällig, dass seine Verpächterin das Grundstück, das er seit 2004 pachtet, bereits an einen außerlandwirtschaftlichen Investor verkauft hatte, der dort einen Reiterhof bauen will. Land, das Jaacks dringend benötigt, weil das Flurstück Teil des bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes mit Milchviehhaltung ist (inklusive Kuhstall und Wohnhaus). Der Landwirt bekundete ebenfalls sein Kaufinteresse gegenüber der zuständigen Wirtschaftsbehörde, die bei Verkäufen landwirtschaftlicher Flächen erst prüfen muss, ob ein Verkauf i.S.d. Grundstücksverkehrsgesetzes erlaubt ist. Zu diesem Zeitpunkt dachte Herr Jaacks jedoch, dass ihm als aktiver Landwirt (und Pächter seit 15 Jahren!) ein sog. Vorkaufsrecht zustehen würde. Doch die Behörde stimmte dem Verkauf an den Nichtlandwirt zu und argumentierte, dass die zukünftige Pensionstierhaltung dem Betrieb von Herrn Jaacks als landwirtschaftlich gleichgestellt werden müsse und der Verkauf deshalb auch nicht versagt werden könne.

Der Fall von Herrn Jaacks erlangte inzwischen bundesweit mediale Aufmerksamkeit und er versucht mit allen rechtlichen Mitteln seinen Hof zu retten. Jaacks Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht wurde im Oktober 2021 mit der Begründung abgewiesen, dass der Landwirt als Pächter nicht klagebefugt sei. Ob hier weitere Rechtsmittel Erfolg haben und wie es in dem Verfahren weitergeht, ist bislang ungewiss. Jaacks Fall löste nicht nur eine wichtige Debatte um die bedrohliche Entwicklung von landwirtschaftlichen Flächen aus, sondern er zeigt auch exemplarisch auf, wie Agrarflächen immer mehr zur Spekulationsmasse werden und den Landwirten in der Folge ihre Existenzen kostet, was der Gesetzgeber durch das Grundstücksverkehrsgesetz jedoch eigentlich verhindern wollte.

Hauke Jaacks ist seit 30 Jahren Vollerwerbslandwirt. Der staatlich geprüfte Landwirt bewirtschaftet im Hamburger Westen, keine 30 Minuten Fahrtweg in die Hamburger Innenstadt, einen der letzten Bauernhöfe innerhalb der Hamburger Stadtgrenze. Sein Milchviehbetrieb mit 340 Tieren und der höchsten Milchleistung in ganz Hamburg, produziert jährlich um die 1,2 Millionen Liter Milch für die Region und was ca. ein Zehntel der gesamten Milchproduktion in Hamburg ausmacht. Von den 130 Hektar Fläche, sind laut Jaacks 90 Hektar Grünland, der Rest wird als Ackerland zum Futteranbau für die Milchkühe genutzt. Auf dem Hof arbeiten drei Festangestellte, vier Teilzeitangestellten und ein gehörloser Azubi. An einem Drittel des Hofes hält er Eigentum, an den übrigen Flächen bestehen Pachtverträge mit der Stadt oder mit Privatleuten – wie im hiesigen Fall.

Neben der Milchwirtschaft ist der Hof auch als anerkannter Zuchtbetrieb für Rotbunt-Rinder bekannt, deren Abstammungslinien über 100 Jahre zurückverfolgt werden können. Regelmäßig stehen die Tiere auch für Werbeaufnahmen zur Verfügung; so lebt auch die berühmte lila Kuh aus der Milka Werbung auf dem Moorhof in Rissen.

Streitig im Fall sind die 16 Hektar Hoffläche des „Moorhofs“, die die Familie Jaacks seit 2004 von privat pachtet (inklusive Geräteschuppen, dem Wohnhaus, einem Kuh- und Färsenstall), nachdem die elterliche Hofstelle in Pinneberg – wegen mangelnder Entwicklungsmöglichkeit – verkauft wurde. Der Moorhof liegt in einem sog. Land- und Naturschutzgebiet, gleichwohl besteht ein sog. Bebauungsplan, der Bauen grds. ermöglicht und was die Fläche für den Landwirt so essenziell und attraktiv macht, um den Hof weiterzuentwickeln. Sein Plan für die Zukunft ist es, einen „Kuhwohl“-optimalen Kompoststall zu bauen, um den Betrieb weiter auszubauen.

Hof wird „hinterrücks“ verkauft

Da der Pachtvertrag regulär zum 30. September 2019 ausgelaufen wäre und eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses sowie eine Einigung über den Ankauf der Flächen in der Vergangenheit mit seiner Verpächterin nicht zu erzielen war, klagte Herr Jaacks zivilrechtlich vor dem zuständigen Landwirtschaftsgericht (Amtsgericht Hamburg-Bergedorf) auf Pachtverlängerung. In diesem Zivilprozess offenbarte sich dann zufällig, dass die Verpächterin die Hofstelle bereits im Juni 2019 an einen Immobilienmakler verkauft hatte, der plant aus dem Milchviehbetrieb einen Reiterhof zu machen.

Herrn Jaacks war bewusst, dass, wenn er jetzt nicht gegen den Verkauf des Hofes vorgehen würde, nicht nur den gepachteten Hof nebst Wohnhaus, sondern auch seine Existenz verlieren würde.

Obwohl der Kaufpreis sehr hoch gewesen sein soll, berichtet Herr Jaacks, habe er dennoch sofort Rücksprache mit seiner Bank wegen eines etwaigen Kredites gehalten. Und da der Landwirt damals nur die elterliche Hofstelle in Pinneberg verkauft hatte, jedoch Eigentümer des umliegenden Landflächen geblieben ist, die er auch noch heute bewirtschaftet, bewilligte ihm die Bank auch den angefragten Kredit in Höhe der Kaufsumme, die der Investor für das Moorhof-Grundstück bezahlt hatte.

Herr Jaacks ist dringend auf die landwirtschaftliche Fläche angewiesen und weiß darum, dass das landwirtschaftliche Umfeld nicht sehr groß ist und alternative Flächen schlichtweg nicht zu haben sind. Sein Hof ist stark auf die zentrale Lage im arrondierten Grünland angewiesen, vor allem lebt er aber mit seiner Frau und dem gemeinsamen siebenjährigen Sohn auf dem Hof. Ein Verlust der Hofstelle würde seine berufliche Existenz kosten und den Verlust von Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie den Verkauf bzw. die Schlachtung seiner Tiere mit sich bringen.

Mit Schreiben vom 21. August 2019 wandte sich Jaacks gegen die – bereits im Juni 2019 vom Käufer beantragte bis dahin aber noch nicht „stattgegebene“ Grundstücksverkehrsgenehmigung – und erklärte, in den Kaufvertrag eintreten zu wollen, da er auf die Hofstelle angewiesen sei. Das Flurstück ist Teil eines von ihm als Pächter seit dem Jahr 2004 bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes mit Milchviehhaltung. Zu diesem Zeitpunkt ging Herr Jaacks noch davon aus, dass er als aktiver Landwirt ein gesetzliches Vorkaufsrecht gegenüber Nichtlandwirten hätte, weil das Grundstücksverkehrsgesetz des Bundes, Verdrängungen von Landwirten verhindern sollte.

Gesetzliche Regelungen sollen Bodenspekulationen verhindern

Grundsätzlich ist das Eigentum in Deutschland verfassungsrechtlich durch das Grundgesetz (Art 14 GG) geschützt, was auch das Recht mitumfasst, sein Eigentum auf eine andere Person seiner Wahl zu übereignen. Eine Ausnahme bilden jedoch Verkäufe von landwirtschaftlichen Flächen, bei dem der Gesetzgeber bewusst eine Schranke einführte, die zum Ziel hat, die nicht in unermesslicher Vielzahl bestehende landwirtschaftliche Agrarfläche vor Investitionsgeschäften zu schützen und aktive Landwirte zu bevorrechtigen, notwendiges Land für ihre Betriebe zu erhalten.

Laut Bundesregierung sind seit 1993 in Deutschland jedoch 1,2 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verloren gegangen, was einer Fläche von rund 18.000 landwirtschaftlichen Betrieben entspricht. (Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/nutzflaeche-schuetzen-1729724 ). Um der o.g. Entwicklung des Landfraßes kontrollierend entgegenzuwirken, ist die Aufgabe des Grundstücksverkehrsgesetzes, Verkäufe von landwirtschaftlich genutzten Flächen von einer behördlichen Genehmigung abhängig zu machen. Ziel ist es, durch behördliche Kontrolle der Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke im öffentlichen Interesse zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe beizutragen. Das Genehmigungsverfahren dient dabei nicht der Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs, sondern der Abwehr von Gefahren für die Agrarstruktur und der Sicherung selbstständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe.

Zweifelhafte Behördenentscheidung

Auch für Hamburg gilt für den Verkauf von Landwirtschaftsflächen das Bundesgesetz. Gesetzliche Grundlage für die Genehmigung ist § 9 GrdstVG, der die Genehmigungspflicht des Grundstücksverkehrs und eine abschließende Aufzählung der Versagungsgründe der Genehmigung enthält.  So darf diese nach § 9 Abs.1 Nr. 1 nur versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung des Grundstücks eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet, was gemäß § 9 Abs.  2 GrdstVG immer dann der Fall ist, wenn die geplante Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zuwiderläuft (§ 9 Abs. 1 Nr.1)  (…).

Obwohl Herr Jacks das Land dringend benötigt, um seinen Milchviehbetrieb überhaupt fortführen zu können und betrieblich lebensfähig zu bleiben – was das Gesetz schützen soll – bewilligte die zuständige Hamburger Wirtschaftsbehörde den Verkauf des Milchhofes an die Investoren im September 2019 ( § 2 GrdstVG). Dem geplanten Reiterhof auf eigener Futtergrundlage, so begründet die Verwaltung, liege ein schlüssiges Betriebskonzept vor, das in absehbarer Zeit umgesetzt werden soll. Der Kauf könne demnach nicht durch die Behörde versagt werden, weil der Milchhof gleichgesetzt werden müsse mit dem geplanten Reitstall mit eigener Futterproduktion. An wen die Verpächterin das Grundstück letztlich verkauft, sei die Vertragsfreiheit der Eigentümerin und nicht die Entscheidung der Behörde.

Jaacks legte hiergegen im Oktober 2019 Widerspruch ein und beantragte, den Genehmigungsbescheid aufzuheben und die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu versagen. Der Widerspruch blieb im Ergebnis jedoch erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 30.03.2020 der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (also ganze fünf Monate nach Einlegung des Widerspruchs!) heißt es, dass der Widerspruch bereits unzulässig sei, weil das Grundstücksverkehrsgesetz nur zwischen den Parteien (d.h. Verkäufer und Käufer) wirke und dem Dritten (Herrn Jaacks als Pächter) kein eigenes Recht einräume. Auch ein Klagerecht stünde deshalb nur den Parteien zu.

Im Widerspruchbescheid heißt es auch: „In Rechtsprechung und Literatur ist geklärt, dass der Genehmigungsversagungsgrund (…) allein dem wirtschafts- und agrarpolitischen Interesse der Allgemeinheit dient, durch eine sachgerechte Regelung des Verkehrs mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Agrarstruktur der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern. § 9 Abs. 1 GrdstVG ist dagegen nicht auch dazu bestimmt, dem Schutz privater Interessen zu dienen (…) sondern soll verhindern, dass von den zuständigen Stellen unternommene Anstrengungen zur Verbesserung der Agrarstruktur durch Grundstücksverkehrsgeschäfte Privater verhindert oder erschwert würden.“

An dieser Zielsetzung ändere sich laut Wirtschaftsbehörde auch nicht, dass nach Rechtsprechung der Zivilgerichte der Versagungsgrund der ungesunden Bodenverteilung regelmäßig dann vorliegt, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt oder Nebenerwerbslandwirt veräußert werden soll und ein Vollerwerbslandwirt das Grundstück dringend zur Aufstockung des Betriebes benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage sei.

Das vorgelegte Geschäftskonzept des Käufers sei nach betriebswirtschaftlicher Prüfung durch einen Gutachter nachvollziehbar und überzeugend gewesen und auch durch die Landwirtschaftskammer Hamburg in ihrer Stellungnahme vom 25. Oktober 2019 nicht beanstandet worden.

Im Übrigen wäre der Kaufvertrag bereits im September 2019 bewilligt worden, sodass die Entscheidung unanfechtbar geworden sei. Abgesehen davon wäre die Landwirtschaftsbehörde auch objektivrechtlich nicht befugt gewesen, die beantragte Grundstücksverkehrsgenehmigung zu versagen, da Maßstab allein § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gewesen sei. Da der Versagungsgrund offensichtlich nicht erfüllt ist, konnte die beantragte Genehmigung schon nicht versagt werden.

Herr Jaacks kritisiert, dass ein reiner Reiterhof in seinen Augen kein landwirtschaftlicher Betrieb sei, der vom Grundstücksverkehrsgesetz geschützt werden soll, sondern in erster Linie ein Betrieb, der ausschließlich der Freizeitgestaltung dient. Bloß durch den Erwerb einiger Pferde werde man plötzlich nicht zum Landwirt „Ich bin ja auch nicht gleich Pilot, nur weil ich mir ein Flugzeug kaufe“, argumentiert er. Zudem habe sich das Konzept des Maklers wohl erst verfestigt, nachdem Herr Jaacks mit eingestiegen war und sein Kaufinteresse ggü. der Behörde bekundet hätte, schildert er. In diesem Zusammenhang berichtet der Landwirt auch, dass es in Hamburg immer weniger landwirtschaftliche Betriebe geben würde. So seien schon einige Betriebe zu Reiterhöfen umgewandelt worden. In ganz Hamburg gibt es laut Statistikamt 103 Reiterhöfe. Bauernhöfe mit Kühen gibt es nur noch zehn. Hamburg wird mittlerweile größtenteils aus dem Umland versorgt. Auf der Webseite der Stadt Hamburg sind allein 14 Reiterhöfe aufgelistet, die in unmittelbarer Nähe von Familie Jaacks liegen, sodass sich hier schon die ernstliche Frage stellt, ob Hamburg dann einen weiteren Reiterhof benötigt.

Medien werden auf den Landwirt aufmerksam- Debatte wird ausgelöst            

Inzwischen wurden die Medien auf den Fall von Herrn Jaacks aufmerksam, weil dieser nichts unversucht ließ, das Schicksal des Bauernhofes doch noch abzuwenden. So versuchte er über die Bezirksversammlung, Verständnis und Unterstützung seitens der Politik für sein Anliegen zu gewinnen, dass die Zukunft eines etablierten Milchviehbetriebs schwerer wiegt als das Projekt eines weiteren Reiterhofes.

Der Fall von Herrn Jaacks ist nur ein Beispiel für viele andere Betriebe in Deutschland, die von derselben Problematik betroffen sind. Bereits die Corona-Pandemie verdeutlichte die Unabdingbarkeit der Gewährleistung der Lebensmittelversorgung und die Vorzüge entsprechender regionaler Versorgungsstrukturen. Die mediale Aufmerksamkeit löste auch wichtige Debatte darum aus, ob das Grundstücksverkehrsgesetz aktive Landwirte noch ausreichend schützen kann. In diesem Zusammenhang wurde auch die grundsätzlich bedrohliche Entwicklung bei landwirtschaftlichen Flächen thematisiert, über die seit Jahren gesprochen aber nicht entsprechend gehandelt wird.

Aus der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) wurde erklärt, dass die regionale Milchproduktion für Hamburg aus Sicht der BUKeA unverzichtbar ist.

Und auch von Seiten des Bundeslandwirtschaftsministerium heißt es auf Anfrage des NDR vom 14.02.2020 unter dem Titel „Hamburger Milchbauer verliert Hof“: „Wenn ein Landwirt die Fläche braucht, damit er weiter existieren kann, dann kann die Prüfbehörde den Verkauf an den Nichtlandwirt versagen. Entscheidendes Kriterium sei, ob der aktive Landwirt aufstockungsbedürftig sei. Bei der geringen Größe der Betriebe in Hamburg seien diese eigentlich immer aufstockungsbedürftig.“

Auf der Homepage des Ministeriums heißt es sogar weiter: „Boden ist gerade für landwirtschaftliche Betriebe ein unersetzlicher Produktionsfaktor und zentraler Bestandteil für eine funktionierende und stabile Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe. Ohne ausreichend landwirtschaftlichen Boden, fehlt die Grundlage einer sicheren Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung und für ein ausreichendes Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte. Insbesondere die Erfahrung aus der Corona Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, regional Nahrungsmittel anzubauen und hieraus zuzugreifen, wenn Landes- oder Staatsgrenzen für den Lieferverkehr geschlossen bleiben. (Quelle: www.bmel.de)

Verliert das Grundstückverkehrsgesetz faktisch seine Wirksamkeit?

Gerade unter den o.g Gesichtspunkten und mit Blick auf das gesetzgeberische Ziel wird offenbar, dass die Hamburger Behörde hier durchaus hätte anders entscheiden können, wenn nicht müssen. Denn der Gesetzgeber hat den Schutz von lebensmittelproduzierenden Betrieben unter der Zielsetzung, die Volksernährung zu sichern, qua Gesetz als erhaltenswert eingestuft. Eine gerechte Rechts- und Gemeinschaftsordnung zwingt dazu, die Interessen der Allgemeinheit bei Grund und Boden, welcher unvermehrbar und unentbehrlich ist, in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern. Ziel muss deshalb sein, dass sich landwirtschaftliche Betriebe ihre Flächen überhaupt leisten können. Hierfür sind die Vermeidung von Bodenspekulation und der Vorrang für Landwirte wichtige Stellschrauben, die dafür Sorge leisten könnten, dass das Grundstücksverkehrsgesetz nicht mehr da schützen kann, wo es schützen soll.

Selbst wenn man rechtlich zu dem Ergebnis kommen kann, dass die Pferdehaltung nebst Zucht einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellt, so konterkariert die Entscheidung der Wirtschaftsbehörde gleichwohl den gesetzgeberischen Willen. Denn wenn lebensmittelproduzierende Betriebe erhalten und gesichert werden sollen, dann kann von einer Gleichstellung von Milchbetrieb und Reiterhof eigentlich nicht mehr gesprochen werden. Insbesondere dann nicht, wenn die Lebensfähigkeit eines ganzen Betriebes verloren gehen würde, da im gesamten Umkreis keine weiteren Hofstellen zur Verfügung stehen. Eine gute Verwaltung muss willens und in der Lage sein, die Ziele des Gesetzes sachgemäß und wirksam zur Geltung zu bringen. Denn der Erfolg des Gesetzes hängt auch davon ab, ob das zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium effektiv genutzt wird, um den Zweck des Gesetzes zu gewährleisten.

Klage gegen Widerspruchsbescheid

Am 30.03.2020 klagte Herr Jaacks gegen den Widerspruchsbescheid vor dem Verwaltungsgericht Hamburg und beantragte, dass das Gericht den Bescheid in Gestalt des Widerspruchbescheides aufhebt. Dies wies die Klage des Landwirts im Oktober 2021 mit der Begründung ab, dass der Landwirt nicht klagebefugt sei, weil er lediglich Pächter und damit „Dritter“ sei und nicht Partei.

Unterstützt wird der Landwirt, der im September 2020 vor dem Rathausplatz mit einem Organisationsbündnis für den Erhalt des Milchhofes demonstriert hat, von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und weiteren Unterstützern. Seitens des Bundesgeschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (ABL) heißt es zu dem Fall: „Das es Aufgabe einer Stadt sei, eine vielfältige Struktur mit nachhaltiger Weidehaltung zu erhalten. (…) Wir sind höchst alarmiert, dass die Wirtschaftsbehörde den Widerspruch von Hauke Jaacks abgelehnt hat. Aus unserer Sicht wird hier ein Präzedenzfall in Deutschland geschaffen, wie außerlandwirtschaftliche Investoren gegenüber aktiven Landwirten bevorteilt werden, indem sie einfach ein landwirtschaftliches Konzept vorlegen. Dadurch werden aktive Landwirte und außerlandwirtschaftliche Investoren gleichgestellt. Die stark angespannte Situation auf dem Bodenmarkt verschärft sich bundesweit noch weiter. So gibt es schon Landkreise in Deutschland, in denen die Hälfte der Flächen und der Betriebe in die Hände außerlandwirtschaftlichen Kapitals gelandet sind. Das ist ein Verstoß gegen das Grundstücksverkehrsgesetz. Es ist höchste Zeit, die politischen Weichen für eine Bodenmarktpolitik zu Gunsten bäuerlicher, regionaler und klimaverträglicher Landwirtschaft zu stellen.“ (Quelle: www.facebook.com)

Von Bürgern aus der Nachbarschaft wurde zuletzt eine Online-Petition ins Leben gerufen, die Herrn Jaacks unterstützen soll, seinen Hof doch noch zu retten. Knapp 10.000 Unterschriften sind bereits zusammengekommen. Wenn Sie den Landwirt unterstützen möchten, können Sie die Petition unter dem folgenden Link zeichnen: www.change.org

Seinen Optimismus, zieht Jaacks vor allem aus dem mentalen Rückhalt, den er von allen Seiten erhält. Der Unternehmer hofft, mit seinem Fall einen Beitrag dazu leisten zu können, dass landwirtschaftliche Agrarflächen für die Landwirtschaft verbleiben und nicht wie in den vorigen Jahren zuvor immer mehr Landwirte gezwungen sind, ihre Betriebe aufzugeben. Ob und wie es mit dem Hof weitergeht,  bleibt ungewiss. Wir werden den Fall weiter beobachten und an dieser Stelle berichten.

Stand der Falldarstellung: 13.12.2021

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