Michael Beyer, Donaustauf

Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Selbstständige

Den Gegenstand des Unternehmens von Herrn Beyer stellt der Welthandel mit Papierrohstoffen, Zellstoffen und Papier dar. Herr Beyer ist zudem Industrievertreter für die erwähnten Stoffe. Zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit hatte sich Herr Beyer zunächst für die Pflichtversicherung für Selbstständige nach § 4 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI entschieden, um in Ruhe seine private Altersvorsorge vorzubereiten, ohne zunächst auf Ansprüche aus der gesetzlichen Versicherung zu verzichten. Nach Abschluss eines privaten Altersvorsorgevertrags wollte Herr Beyer im Jahre 1997 aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) für Selbstständige, in die er ehemals freiwillig eingetreten war, wieder austreten.

Die Pflichtversicherung auf Antrag endet gemäß § 4 Abs. 4 SGB VI erst “mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen weggefallen sind”. Es stellte sich heraus, dass der Austritt nur über eine nachweisliche Aufgabe des Gewerbes erreichbar ist, die die Rückgabe des Gewerbescheins an die Gemeinde und die Löschung der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma bedingt.

Die Ab- und Wiederanmeldung des Gewerbes erfordert das Durchlaufen einer Reihe von mehr oder minder aufwendigen bürokratischen Vorgängen wie zum Beispiel

    • die Erstellung eines Rumpfwirtschaftsjahresabschlusses sowie einer Eröffnungsbilanz; damit verbunden sind Abgrenzungen in der Buchhaltung für Telefon, Fax, Frankiermaschine, Abschreibungen, Mobiltelefon, Kraftfahrzeug, Gas-, Wasser- und Stromversorgung, Müllabfuhr, Inventur für Handelsgüter und Büroeinrichtung sowie eine Neuanmeldung bei der DATEV,
    • die Löschung und Neueintragung der Firma im Handelsregister,
    • die Löschung und Neubeantragung der Betriebsnummer, Steuernummer für die ESt, der USt-Id-Nummer sowie der Zollnummer,
    • eine Ab- und Wiederanmeldung einer Arbeitnehmerin bei der Berufsgenossenschaft, der Minijob-Zentrale sowie bei der AOK,
    • die Benachrichtigung der IHK, der Gewerbeaufsicht sowie des Amtes für Statistik,
    • eine Ab- und Wiederanmeldung bei der Gebühreneinzugszentrale,
    • eine Änderung des Mietvertrags,
    • Änderungen von Agenturverträgen,
    • eine Änderung der Bankverbindung (lfd. Konto und Fremdwährungskonto),
    • die Umschreibung einer nach § 12a Abfallgesetz erteilten Genehmigung,
    • die Anpassung von Internetseiten und
    • neue Selbstauskünfte für die Warenkreditversicherungen (i.e. Hermes).

Erfahrungen aus der Vergangenheit hatten Herrn Beyer gelehrt, dass man mit Behörden Vereinbarungen treffen oder Probleme lösen kann, wenn der Bearbeitungsprozess noch nicht in Gang gesetzt worden ist. Um dem ganzen mit der Neugründung verbundenen Aufwand zu entgehen, wandte sich Herr Beyer vorab schriftlich an alle in eine Gewerbeab- und –anmeldung involvierten Institutionen und Behörden, darunter das Amtsgericht (Registergericht) und das Finanzamt, und bat diese um die Beibehaltung der alten ESt-Nr., USt-Id-Nr., Betriebs-, Zollnummer, der HR-Eintragung sowie um den Verzicht auf einen Rumpfwirtschaftsjahresabschluss, da seine Firmenneugründung nur durch die herrschenden Rentenversicherungsbestimmungen bedingt sei. Alle angesprochenen Behörden folgten seinem Wunsch; das Finanzamt, das Arbeitsamt und das Amtsgericht bestätigten den Eingang seines Schreibens und erteilten die positiven Bescheide sogar telefonisch. Es ist ein Fall der zeigt, je enger und komplexer der Gesetzgeber einen Lebensbereich gestaltet, desto bedeutsamer ist die Lösungsorientierung bzw. Lösungsbereitschaft der Verwaltung für den Betroffenen.

Stand der Falldarstellung: 2005

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