Nach 25 Berufsjahren neue Prüfung verlangt
Frau Scharfeld ist seit fünfundzwanzig Jahren medizinische Fußpflegerin; die zur Berufsausübung berechtigende Prüfung legte sie bereits 1981 ab. Mit dem Inkrafttreten des Podologengesetzes (PodG) am 02.01.2002 wurde ihr die Weiterführung der Berufsbezeichnung „Medizinische Fußpflegerin“ trotz bestehender langjähriger Berufserfahrung verwehrt. In § 10 Abs. 4 PodG heißt es: „Wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes, ohne unter die Absätze 1 bis 3 zu fallen, eine mindestens zehnjährige Tätigkeit auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege nachweist, erhält bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 die Erlaubnis nach § 1 Satz 1, wenn er innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die staatliche Ergänzungsprüfung erfolgreich ablegt.“
Die staatliche Ergänzungsprüfung bedingt die Teilnahme an mindestens drei mehrmonatigen Kursen, für die eine Kursgebühr von jeweils ungefähr 1.700 Euro zu entrichten ist. Außerdem ist die Ergänzungsprüfung kostenpflichtig. Da Frau Scharfeld weder bereit noch in der Lage war, die Kosten für die Ergänzungsprüfung aufzubringen, entschied sie sich, sich statt wie bisher „Medizinische Fußpflegerin“ nur noch „Fußpflegerin“ zu nennen. Ihr Geschäft besteht dennoch fort. Das verdankt sie der Tatsache, dass sie über die Jahre hinweg einen festen Stamm treuer Patienten aufgebaut hat, der ihre Fähigkeiten zu schätzen weiß.
Allerdings muss Frau Scharfeld infolge der Gesetzeseinführung mehrere wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen: Im Gegensatz zu den Medizinischen Fußpflegern kann sie podologische Leistungen an den Füßen von Diabetikern nicht mit den Krankenkassen abrechnen. Des Weiteren sind Unterschiede in der umsatzsteuerlichen Behandlung von Podologen und Medizinischen Fußpflegern einerseits und Fußpflegern andererseits entstanden. Die erstgenannten gehören zu den Heilberufen und werden als solche von der Umsatzsteuerpflicht befreit, wohingegen die Fußpfleger als umsatzsteuerpflichtige Gewerbetreibende behandelt werden.
Das Podologengesetz schränkt die Verwendung der Berufsbezeichnung „Podologe(in)“ bzw. „Medizinischer Fußpfleger(in)“ zwar ein, die medizinische Fußpflege an sich kann dennoch weiterhin von Fußpflegern in gleichem Maße ausgeführt werden wie von Podologen. Die Neuregelung des Podologengesetzes, die Frau Scharfeld die uneingeschränkte Fortsetzung ihrer Tätigkeit erlaubt und lediglich den Verzicht auf den Zusatz „medizinisch“ in der Berufsbezeichnung erfordert, hätte vermieden werden können, wenn das Gesetz eine großzügigere Regelung für Berufsträger mit langjähriger einschlägiger Praxis vorgesehen hätte.
Stand der Falldarstellung: 12/2006