Josef Eichinger, Passau

Jodel- und Flaggenverbot

Herr Eichinger betreibt in der Passauer Altstadt die Gaststätte „Jodlerwirt’s Suppenkuchl“, die sich direkt gegenüber des Rathauses befindet. Er beherrscht die Kunst des Jodelns. Das Jodeln an sich störte die Beamten zwar nicht, dessen technische Übertragung auf die Straße verstieß jedoch gegen das Bayerische Emissionsschutzgesetz und wurde ihm deshalb untersagt.  

In der Vergangenheit kam es öfter zu Spannungen zwischen den Behörden und Herrn Eichinger, beispielsweise wegen der schwarzen Tafeln an der Außenfront auf dem Bürgersteig, mit denen der Wirt seine Speisen anpries.

Im Jahre 2004 wehrte sich Herr Eichinger gegen das Verbot, eine blau-weiße bayerische Fahne an der Fassade des Wirtshauses aufzuhängen.
Nach der Bayerischen Bauordnung sind Werbeanlagen bis zu einer Größe von einem Quadratmeter genehmigungsfrei. Nach der für die Passauer Innenstadt geltenden Werbeanlagensatzung der Stadt Passau (WAS) ist eine Genehmigungsfreiheit nur für Werbeanlagen bis zu 0,25 Quadratmeter vorgesehen. In solchen Fällen müssen zudem noch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften beachtet werden wie beispielsweise das Denkmalschutzgesetz, das Naturschutzgesetz und andere. Die Werbung mit Fahnen wird von der Stadt Passau für besondere Anlässe auch ohne entsprechenden Antrag geduldet, trotzdem muss auch dann beim Bauordnungsamt der Grund und die Dauer des Aufhängens der Fahne angezeigt werden.

Die Regelung über Werbeanlagen kann auf eine längere Geschichte zurückblicken. Am 10.07.1986 beschloss der Bauausschuss der Stadt Passau eine neue Werbeanlagenregelung, damit Tafeln, Fähnchen und Werbeplakate an den Fassaden nicht zur Verunzierung von Gebäuden und des Stadtbildes führen. Schon damals gab es eine Welle des Protests von Seiten der Unternehmer, die für die Einschränkung kein Verständnis hatten.

Das Passauer Bauordnungsamt verbot Herrn Eichinger im Juni 2004 das Hissen der Bayernfahne, weil sie größer als die zulässigen (genehmigungsfreien) 0,25 Quadratmeter Fläche war. Der Jodlerwirt kam der Aufforderung, die Fahne abzuhängen, zunächst nach.

Wenige Zeit später, Ende August 2004, brachte er an dem Wirtshaus drei Fahnen (Österreich, Bayern, USA) an, die nicht vom Bauordnungsamt genehmigt worden waren. Am 13.09.2004 erließ die untere Bauaufsichtsbehörde daraufhin eine Beseitigungsanordnung gemäß Art. 82 Abs. 1 Bayerischer Bauordnung (BayBO). Die Eigentümerin des Grundstücks wurde aufgefordert, die „ohne Genehmigung errichteten Werbeanlagen in Form von zwei Fahnen (eine der drei Fahnen wird geduldet), in Form von Girlanden mit Bändern, sowie die beiden Lampen links und rechts vom Eingang spätestens bis zum 3. Tage nach Zustellung dieser Anordnung ersatzlos zu beseitigen.“ Ansonsten drohe Zwangsgeld in Höhe von 50,00 € je Fahne und von 100 € für die Girlanden sowie von je 50,00 € für die beiden Lampen. Für die Beseitigungsanordnung selbst wurde eine Gebühr von 106,00 € erhoben.

Darüberhinaus sei Herr Eichinger bereits im Juni darüber aufgeklärt worden, dass diese Werbeanlagen gemäß der Werbeanlagensatzung der Stadt (WAS) Passau auch nicht genehmigungsfähig seien. Am 31.08.2004 habe man ihm Gelegenheit gegeben, sich zu einer eventuellen Beseitigungsanordnung zu äußern. Die Behörde entschied, dass nach pflichtgemäßem Ermessen die Beseitigung das einzige Mittel sei, „um die rechtliche Ordnung zu wahren und einen baurechtmäßigen Zustand herzustellen, zumal der Betreiberin trotz der bisherigen Vorgehensweise, zeitweise Duldung, durchgeführte Beseitigungsanordnung und Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, wiederum Werbeanlagen ohne Genehmigung angebracht“ habe. 

Die Entscheidung wurde u. a. damit begründet, dass die Werbeanlage eine Überladung der gesamten Fassade darstelle, die zum Nachahmen verleite und die Fahnen auch sonst über die Brüstung des Fensters im 1. OG hinausragten. Außerdem seien sie mit der Aktion Bereinigung von ungenehmigten Werbeanlagen im gesamten Ensemblebereich des Bauordnungsamtes nicht vereinbar. Man befürchtete, dass das Bemühen um eine anspruchsvolle Werbung im gesamten Altstadtbereich durch die Werbeanlage ausgehebelt und diese als Bezugsfall herangezogen werden würde. Die sofortige Vollziehung der Beseitigung sei also nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geboten, weil daran ein besonderes öffentliches Interesse bestände, das das Interesse des Gaststättenbetreibers, die ungenehmigte Werbeanlage bis zum Ende eines eventuellen Rechtsstreits beizubehalten, überwöge.  

Stand der Falldarstellung: 2007

Beantworten Sie bitte drei Fragen zu Ihrem Bürokratie-Erlebnis und bewerben Sie sich damit automatisch für den Werner Bonhoff Preis

Neueste Fälle

Ähnliche Fälle