Medienmann sorgt für bessere Verwaltungskultur in Potsdam
Der Unternehmer und bekannte Fernseh-Moderator Günther Jauch lebt in Potsdam und hat dort mehrere Gebäude aufwändig saniert. Im Verlauf seiner Sanierungstätigkeit, für die er im März 2007 durch Ministerpräsident Platzeck mit der Schinkel-Medaille ausgezeichnet wurde, geriet er mehrmals mit der Potsdamer Bau- und Denkmalschutzverwaltung aneinander. Er warf ihr vor, ihm ungerechtfertigte Hindernisse in den Weg zu legen und ihn eindeutig im Sinne einer „positiven Diskriminierung“ ungleich zu behandeln. Er monierte insbesondere die Unverhältnismäßigkeit ihm gegenüber ausgesprochener Auflagen (Errichtung eines Bretterzauns und in einem anderen Fall die Höhe und Zusammensetzung einer Kalksteinmauer, Verwendung nicht mehr im Handel erhältlicher vierfach gedrehter Eisengitter etc.) sowie die ungleiche Vollzugspraxis der Potsdamer Bauverwaltung (scharfes Einschreiten ihm gegenüber beispielsweise hinsichtlich der Zulässigkeit von Dachfenstern, gezieltes Augenzudrücken gegenüber unmittelbaren Nachbarn). Nachdem die Einsprüche und Gesprächsbemühungen Jauchs gegenüber der Baubehörde und der Denkmalschutzbehörde nichts gefruchtet hatten, griff er als „Medienmann“ zu dem ihm gemäßen Einwirkungsmittel, nämlich der Erzeugung öffentlichen Drucks durch die Medien. In mehreren Interviews vom 17. März 2007 machte er seine Vorwürfe öffentlich, was den Potsdamer Oberbürgermeister schließlich dazu veranlasste, das kritisierte Verwaltungsverhalten in einem verwaltungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Gutachten unter der Federführung von Prof. Dr. Ulrich Battis von der Humboldt-Universität zu Berlin überprüfen zu lassen. Der Untersuchungsbericht kommt zu dem Ergebnis, dass Günther Jauch mit seinen Vorwürfen offenbar „den Finger in die Wunde gelegt hatte“ und schlug daraufhin verschiedene Verbesserungsmaßnahmen vor, die nicht nur verwaltungsorganisatorischer Natur sind, sondern vor allem auf eine Änderung der Verwaltungskultur abzielen, und zwar durch einen kooperativen und problemlösungsorientierten Umgang mit den antragstellenden Bürgern. Im Einzelnen konnte das Gutachten in generalisierender Weise die folgenden Feststellungen treffen:-
- Die Verfahrensabläufe wurden den besonderen Anforderungen der Bauordnung (Konzentrationswirkung) überwiegend nicht gerecht.
- Die gleichmäßige Anwendung des Rechts ist organisatorisch nicht sichergestellt.
- Bei Anwendung des Denkmalschutzgesetzes wird, gerade bei der Beratung des Bauherrn, das Verhältnismäßigkeitsprinzip mit Blick auf die Zumutbarkeit von Maßnahmen teilweise nicht beachtet.
- Bei Organisation und Führung der einzelnen Fachbereiche konnten teilweise Defizite festgestellt werden.
- Die Kommunikation und der Umgangsstil mit dem Bürger ist teilweise verbesserungswürdig.
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- Die Beurteilung der Denkmalverträglichkeit einer Maßnahme hänge von der subjektiven Einschätzung des jeweils zuständigen Bearbeiters ab.
- Im Rahmen des Verfahrens erfolge weniger eine Beratung als vielmehr eine Anordnung von Maßnahmen.
- Nur teilweise finde eine lösungsorientierte Zusammenarbeit mit dem Eigentümer statt.
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- Die Baugenehmigungsverfahren sind so zu straffen, dass auch anhand der sehr engen Fristen der Bauordnung die Konzentrationswirkung der Baugenehmigung gewährleistet werden kann, d.h. die Effekte, die der Gesetzgeber mit der Bauordnung beabsichtigt hat, müssen in die Praxis umgesetzt werden.
- Die organisatorischen und räumlichen Bedingungen sind dafür herzustellen.
- Durch ein effektives Qualitätsmanagement muss eine einheitliche Verwaltungspraxis hergestellt werden. Spielräume müssen verantwortungsbewusst genutzt werden und nachvollziehbar sein. Ebenso gehört dazu die Sicherung der Verhältnismäßigkeit von Entscheidungen.
- Eingerichtet werden soll ein effektives Beschwerdemanagement. Dazu gehört eine Clearingstelle. Mediation und ggf. eine Ombudsperson sollen Konfliktlösungen außerhalb des Rechtsweges ermöglichen.