Horst-Dieter Schlüter, Remscheid

Genehmigungspflichtige Wiederanbringung einer erneuerten Werbeanlage nach einem Autobahnausbau

Herr Schlüter betreibt seit 34 Jahren eine KFZ-Werkstatt an einer Stelle in Remscheid, an der bereits vor dem 2. Weltkrieg eine Autore­paratur­­werkstatt existierte. Über der Einfahrt in das Werkstattgebäude befindet sich seit 34 Jahren ein Schild mit der Aufschrift „Horst Schlüter KFZ Werkstatt“. Es ist der einzige Hinweis auf den KFZ-Betrieb. Die Front des Werkstattgebäudes ist einige Meter hinter den Gehweg zurückgesetzt. Im Zuge eines Autobahnausbaus im Jahr 2006 wurde ein Autobahnanschluss an die A1 errichtet. Dies hatte direkt vor der Werkstatt von Herrn Schlüter eine Straßen­verbreiterung zur Folge. Während der Bauzeit, die mit erheblichen Erdarbeiten und Beeinträchtigungen der Zufahrt zu der KFZ-Werkstatt verbunden waren, mussten von dem Meisterbetrieb mit drei Angestellten Umsatzeinbußen von bis zu 60 Prozent hingenommen werden. Zudem beeinträchtigt eine während der Bauzeit neu errichtete meterhohe Umzäunung den Geschäftsablauf des Betriebes auch nach Abschluss der Bauarbeiten erheblich.

Mit einem Schreiben des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen vom 01.09.2005 ging Herrn Schlüter ein Besitz- und Bau­erlaubnis­­vertrag zu, in dem er auf die infolge des Baus der Autobahn­anschlussstelle entstandene Notwendigkeit des Erwerbs einer von ihm genutzten Teilfläche vom Verpächter und der Inanspruchnahme einer weiteren Fläche für die Dauer der Bauzeit durch das Land hingewiesen wurde. Im Gegenzug sollten ein auf dieser Fläche stehendes Werbeschild und Fahnenmasten auf Kosten des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen versetzt und eine Entschädigung für die vorübergehende Nutzung der betreffenden Teilfläche gezahlt werden, sobald genauere Informationen über die Baumaßnahmen bekannt würden.

Während der Bauphase wurde ein Hinweisschild von Herrn Schlüter von der die Straßenarbeiten ausführenden Baufirma beschädigt. Erst nach Einschaltung eines Anwalts erklärte sich die Baufirma bereit, die Kosten für den entstandenen Schaden zu übernehmen; bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits sechs Monate vergangen. Herr Schlüter beauftragte daraufhin eine Werbeagentur mit der Anfertigung eines neuen Hinweisschildes, das an Stelle des alten und beschädigten angebracht werden sollte. Die Werbeagentur hat jedoch versehentlich das vormals rote Schild mit weißer Aufschrift in ein weißes Schild mit roter Aufschrift umgewandelt. Infolgedessen musste das Schild über dem Werkstatttor farblich an das neue Hinweisschild an der Straße angepasst werden; das vormals rote Schild mit weißer Aufschrift wurde durch ein weißes Schild mit roter Aufschrift ersetzt. Dies geschah ohne vorherige Absprache mit dem Straßenbauamt.

Am 20.06.2007 erhielt Herr Schlüter dann überraschend ein Schreiben vom Landesbetrieb Straßenbau NRW, in dem er darauf hingewiesen wurde, dass die von ihm über dem Werkstatttor errichtete Werbeanlage illegal und bis zum 04.07.2007 zu entfernen sei. Andernfalls würde die Angelegenheit an das Bauordnungssamt Remscheid übergeben, damit dieses die Beseitigung mit ordnungs­behördlichen Mitteln durchsetze. Darüber hinaus werde ein Ordnungs­widrigkeiten­verfahren auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 und Abs. 6 des Bundesfern­straßengesetzes (FStrG) gegen Herrn Schlüter eingeleitet. Nach dieser Vorschrift dürften entlang der Autobahn, zu der auch die Auf- und Abfahrten gehören, im Abstand von bis zu 40 Metern keine Werbeanlagen errichtet werden. Bei einem Abstand von 40 Metern bis zu 100 Metern benötigte man gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 6 FStrG die Zustimmung der Straßenbaubehörde. Damit solle der Gefahr entgegen gewirkt werden, dass Autofahrer vom Verkehrgeschehen abgelenkt werden. Eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 9 Abs. 8 FStrG könne nicht erteilt werden, da  hierfür keine Gründe zu erkennen seien.
Am 13.09.2007 informierte der Landesbetrieb Straßenbau NRW die Stadtverwaltung Remscheid darüber, dass die Firma Horst Schlüter unmittelbar gegenüber der Anschlussstelle in der 40-Meter-Werbeverbotszone eine Werbeanlage angebracht habe. Diese Werbeanlage sei vom Straßenbauamt NRW nicht genehmigt worden. Anhand des Abgleichs mit den in der Anlage übersandten Fotos aus dem Monat Juni und dem Monat September 2007 sei ersichtlich, dass die Anlage verändert und erneuert worden sei. Die Behörde bat die Stadtverwaltung um eine Überprüfung, ob ein Bauantrag für die Werbeanlage gestellt worden sei, und forderte sie auf, falls das nicht der Fall sei, deren Beseitigung mit ordnungsbehördlichen Mitteln durchzusetzen.  

Daraufhin meldete sich die Stadtverwaltung der Stadt Remscheid mit dem Hinweis bei Herrn Schlüter, dass ausweislich der Registratur des Bauaktenarchivs für die Errichtung der  Werbeanlagen keine Anträge gestellt oder Genehmigungen erteilt worden seien. Zur Vermeidung ordnungsbehördlicher Maßnahmen bat man Herrn Schlüter, die Werbeanlage entweder zu entfernen oder aber einen Antrag auf Legalisierung unter Vorlage prüffähiger Unterlagen beim Bauordnungsamt der Stadt Remscheid einzureichen. Zu den Erfolgsaussichten des Bauantrags könne keine Auskunft gegeben werden. Außerdem sei die Zustimmung des Straßenbauamts NRW einzuholen. Sollte Herr Schlüter untätig bleiben, werde gegen ihn ordnungsbehördlich vorgegangen. Für diesen Fall gebe man ihm die Gelegenheit, sich gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bis zum 19.10.2007 zur Sache zu äußern.

Am 30.09.2007 nahm Herr Schlüter zu dem Schreiben der Stadtverwaltung Remscheid Stellung und machte geltend, dass es sich bei der Werbeanlage um die Wiederherstellung einer bereits seit mehr als 30 Jahren bestehenden Anlage und deren Erneuerung im Zuge der Baumaßnahmen an der Autobahnausfahrt „Blume“ handele. Im Übrigen sei die Beschilderung notwendig, um einen Gefahrenpunkt zu entschärfen, der durch die neue Ampelanlage entstanden sei. An der nun unübersichtlich gewordenen Gründstückseinfahrt bestünde die Gefahr, dass ohne ausreichenden Hinweis verspätete und riskante Reaktionen von Kunden des Kfz-Betriebes noch öfter zu beobachten sein würden als zurzeit. Sollte von der vorhandenen Werbeanlage eine Verkehrsgefährdung befürchtet werden, sei außerdem zu prüfen, ob die Planung und Errichtung der neuen Autobahnausfahrt nebst der neuen großräumigen Ampelanlage landesbauamtlicherseits nicht sachwidrig erfolgt sei. Darüber hinaus könne man wegen der zeitlich begrenzten gesetzlichen Aufbewahrungspflicht nicht einfach darauf schließen, dass eine Werbeanlage nur deswegen illegal sei, weil keine Unterlagen dazu im Bauamtsarchiv vorhanden seien. Die Renovierung der Werbeanlage sei zu dulden, wenn diese durch Baumaßnahmen veranlasst worden seien, die der Betreiber der KFZ-Werkstatt nicht zu vertreten habe. Es könne nicht sein, dass ein kleiner mittelständischer Kfz-Reparaturbetrieb durch Planungspannen der Behörden in seiner Existenz bedroht werde. Herr Schlüter wies die Behörde ergänzend darauf hin, dass er bislang auf alle während der Bauzeit der Autobahnausfahrt entstandenen Ansprüche, die im Entschädigungsvertrag vom 7.02.2008 geregelt wurden, verzichtet und damit große Kooperationsbereitschaft bewiesen habe.      

Mit Schreiben vom 08.01.2008 forderte das Bauordnungsamt der Stadt Rem­scheid Herrn Schlüter erneut auf, einen Bauantrag unter Vorlage prüffähiger Bauvorlagen bis zum 31.01.2008 beim Baubürgerbüro einzureichen; andernfalls werde ohne weitere Ankündigung die Entfernung der nach wie vor ungenehmigten Werbeanlage verlangt. In einem Telefongespräch am 22.02.2008 teilten der Leiter der städtischen Bauordnungsbehörde und der Leiter des städtischen Beschwerde­managements der Stadt Remscheid Herrn Schlüter mit, dass dem Bauantrag folgende Unterlagen beizufügen seien:

    • Antrag nach entsprechendem Vordruck
    • Beglaubigter Auszug aus dem Liegenschaftskataster
    • Lageplan
    • Fotos
    • Kostennachweise über die Errichtung der Anlage.

Außerdem wurden Gebühren zwischen 50 und 100 Euro in Aussicht gestellt.

Stand der Falldarstellung: 04/2008

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