Fritz Skarbovskis, Firma Tempo-Fritz, Dresden

10 Jahre „Tempo-Fritz“ – 10 Jahre Kampf mit bürokratischen Hürden

Fritz und Edith Skarbovskis verdienen in Dresden ihren Unterhalt seit 1999 mit einer mobilen Gastronomie. Die Idee, das seit 1920 in Deutschland hergestellte Dreirad „Tempo-Hanseat“ als Imbisswagen zu nutzen, entstand gemeinsam mit dem Verkehrsmuseum zu Dresden. Das Geschäftskonzept ging auf. Einwohner und Touristen sahen das knallrote Dreirad vor dem Technikmuseum schnell als Attraktion. Fritz Skarbovskis wurde zu einem Dresdner Original und gehörte zum Erscheinungsbild des Neumarktes in Dresden. 

Nutzungsuntersagung und Geldstrafe wegen Aufstellens einer Tischgarnitur

Ins Visier der Behörden geriet „Tempo-Fritz“, als er im Sommer 2000 eine kleine Tischgarnitur, aufstellte. Die war laut Behörde nicht genehmigungsfähig, die Nutzung wurde untersagt, eine Geldstrafe verhängt. Im Sommer 2001 wurde dem Antrag auf Aufstellung derselben Sitzmöglichkeit stattgegeben.

Ausschluss vom Dresdner Volksfest – Brief an Bundeskanzler sorgt für Abhilfe

Zum 10. Jubiläm der Deutschen Einheit im Herbst 2000 plante Dresden ein großes Volksfest mit Kulturprogramm, Straßenfest und Sonderöffnungszeiten. Anfang September wurde Fritz Skarbovskis die Teilnahme an seinem sonst zugewiesenen Standort untersagt, schildert der Unternehmer. Warum eine andere Firma ihren Schankwagen genau an diesem Platz aufstellen durfte, vermag „Tempo-Fritz“ nicht zu sagen. Versuche beim Amt für Landwirtschaft und Marktwesen sowie beim Dredner Ordnungsdezernenten eine Lösung zu erwirken, blieben laut Skarbovskis ergebnislos. Erst ein Brief an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder ließ die Behörde einlenken. Sie genehmigte die Aufstellung des Tempo-Dreirads neben dem Schankwagen.

Widerspruchsverfahren wegen Sondernutzungserlaubnis dauert vier Jahre

Mit Inkrafttreten der neuen Satzung über eine imbissfreie Altstadt Dresden am 01.01.2006 war die Existenz von „Tempo-Fritz“ bedroht. Imbissangebote waren nur noch im begrenzten Umfang im Herzen Dresdens zulässig. Die Unterstützung der Öffentlichkeit, der Medien, des Verkehrsmuseums und eine Unterschriftenaktion der Bürger halfen den Skarbovskis nicht, an ihrem Platz bleiben zu dürfen. Deshalb beantragte Fritz Skarbovskis am 5.12.2005 eine Sondernutzungserlaubnis bei der Stadt, die vom Straßen- und Tiefbauamt am 11.01.2006 abgelehnt wurde. Dagegen legte Fritz Skarbovskis Widerspruch ein. Vier Jahre später – am 22.10.2009 – erfuhr der Unternehmer, dass die Stadt seinem Widerspruch nicht stattgegeben hat. Eine derartige Sondernutzung des Standortes sei grundsätzlich unzulässig, hieß es. Sollte Herr Skarbovskis seinen Widerspruch nicht zurücknehmen, müsse er einen kostenpflichtigen Widerspruchsbescheid in Kauf nehmen, erklärte die Stadtverwaltung. Am 16.11.2009 nahm „Tempo-Fritz“ seinen Widerspruch zurück.

In der Zwischenzeit waren die Eheleute mit der neuen Satzung ab dem 01.01.2006 erwerbslos. Sehr schnell und überraschend bot ein italienischer Großinvestor am Neumarkt „Tempo-Fritz“ an, den Imbisswagen auf dem privaten Baugelände abzustellen. Das funktionierte einige Zeit. Am 20.04.2007 forderte das Straßen- und Tiefbauamt Dresden die Räumung des Standortes. Es hatte sich herausgestellt, dass der mit Bauzäunen gesicherte Randstreifen, auf dem der Imbisswagen stand, nicht zum Baugrundstück, sondern zum städtischen Grund gehörte. Die Behörde drohte mit Zwangsgeld, Ersatzvornahme und Nutzungsgebühr, sollte der Unternehmer den Platz nicht bis zum 04.05.2007 geräumt haben. Zur Nutzung hätte es einer Sondernutzungsgenehmigung gemäß § 18, 21 Straßengesetz für den Freistaat Sachsen (SächsStrG) bedurft.

Am 07.06.2007 erhielt Fritz Skarbovskis einen Gebührenbescheid vom Straßen- und Tiefbauamt. In diesem wurde dem Unternehmer für den 01.01.2007 bis 05.06.2007 eine Nutzungsgebühr in Höhe von 3.312,80 Euro in Rechnung gestellt mit der Begründung: Unerlaubte Nutzung des öffentlichen Straßenraums. Der Unternehmer zahlte und räumte den Platz, durfte aber kurz darauf seinen Imbisswagen wieder auf derselben Stelle aufbauen und den Verkauf – ohne weitere behördliche Verfügungen – fortsetzen.

Bauaufsicht verlangt Bauantrag für abgestellten Imbisswagen

Weil Fritz Skarbovskis das Baugelände des Großinvestors zwei Mal baubedingt verlassen musste, bot die Stadt für die Verlagerung des Standplatzes einen Mietvertrag für einen Übergangszeitraum in der Altstadt an. Am 20.12.2007 schloss Skarbovskis mit dem Liegenschaftsamt einen solchen Mietvertrag für den Neumarkt in der Altstadt ab. Am 26.05.2008 fragte die Bauaufsicht nach dem Bauantrag für den dauerhaft abgestellten Imbisswagen und erklärte auch gleich, dass ein solcher nicht genehmigt werde. 

„Tempo-Fritz“ musste in 10 Jahren 13 Mal umziehen

Am 14.08.2008 kündigte das Liegenschaftsamt den Mietvertrag zum 31.08.2008. Erneut von der Gefahr der Erwerbslosigkeit bedroht, setzten Skarbovskis die Öffentlichkeit in Bewegung. Der Unternehmer schrieb an die neu gewählte Oberbürgermeisterin Helma Orosz. Viele Dresdner, etwa die Bürgerfraktion im Stadtrat, Freie Bürger Dresden e.V. sowie der Filmemeacher Ernst Hirsch, unterstützten „Tempo-Fritz“, wandten sich u. a. ebenfalls an die Oberbürgermeisterin. Die Presse berichtete. Am 22.09.2008 zog das Liegenschaftsamt die Kündigung des Mietvertrages zurück. Am 24.09.2008 feierten Skarbovskis eine große Wiedereröffnung. Kurz darauf wurde „Tempo-Fritz“ zum Repräsentanten der Stadt Dresden ernannt.

Aber auch als dieser muss Fritz Skarbovskis wachsam bleiben, wie er berichtet. Zum Weihnachtsmarkt 2009, genauer am 19.11.2009, wurden die Toilettencontainer direkt vor den Tempo-Hanseaten gestellt und das Abflussrohr unter dem Imbisswagen in den Boden geleitet. Trotz sofortiger Bemühungen um Klärung dauerte es elf Tage bis „Tempo-Fritz“ einen anderen Standort zugewiesen bekam.

Bis zum Jahr 2009 kam die Standortfrage für „Tempo-Fritz“ 13 Mal auf und zwang den Unternehmer – meist baubedingt – zu Umzügen. 

Stand der Falldarstellung: 04/2010

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