Frank Schmidt, Halver

Bürokratische Hürden bei der Wiederbelebung einer antiken Wasserkraftanlage

Herr Schmidt hatte sich 2001 entschlossen, Investitionen in die Rekonstruktion eines alten Wasserkraftwerks aus dem Jahre 1786 an der Ennepe vorzunehmen. Das besagte Kraftwerk, der Buschhauser Hammer, war bis zum Jahre 1961 in Betrieb gewesen. Große Teile der Anlagen waren noch gut erhalten, es mussten lediglich Teile des Obergrabens und der Stauteich vom Schlamm befreit werden. Der Obergraben wird aus dem Fluss abgeleitet, hat ein geringeres Gefälle als dieser und speist das Wasserrad. Der Stauteich hat die Aufgabe, bei schwankender Wasserführung des Flusses für eine gleichmäßige Wasserzuführung zu dem Wasserrad zu sorgen.

Erste Gespräche über die Realisierbarkeit des Projekts mit dem Vertreter des Naturschutzverbands nahmen einen negativen Ausgang. Man war von dem Projekt nicht überzeugt. Kurz darauf suchte ein Hochwasser die Ennepe heim und brach Teile des bestehenden Damms. Durch die Uferbrüche waren die angrenzenden landwirtschaftlichen Wiesen des Nachbarn bedroht. Die notwendigen Reparaturarbeiten führte Herr Schmidt in Eigenregie durch. Daraufhin meldete sich die Wasser- und Naturschutzbehörde des Märkischen Kreises und verhängte eine Stilllegungsverfügung mit Androhung einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro wegen der Vornahme nicht genehmigter Bauarbeiten.

Antrag auf Plangenehmigung nach Anhörung umfasst 96 Pläne und 360 Seiten Erläuterungen

Für weitere wasserrechtlich relevante Arbeiten und den Betrieb einer Wasserkraftanlage musste Herr Schmidt einen Antrag nach § 31 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) stellen. Um künftigen Konflikten mit den Behörden und Entscheidungsträgern im Kreis vorzubeugen, organisierte er einen Anhörungstermin, bei dem alle Anwesenden ihre Bedenken gegen das Projekt bereits im Vorfeld geltend machen konnten. Die Naturschutzbehörde verwies ihn auf die Beachtung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), des Landeswassergesetzes Nordrhein-Westfalens (LGNW) und auf die sich daraus ergebende Notwendigkeit, einen Landschaftspflegerischen Begleitplan mit einer entsprechenden Bilanzierung aufzustellen, da durch den Bau des Wasserrades ein Eingriff in Natur und Landschaft zu sehen sei. Als Ausgleich für die Errichtung des Wasserrades müssten strukturverbessernde Maßnahmen vorgenommen werden.

Gemäß den §§ 58 bis 60 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) mussten die Naturschutzverbände auch am Verfahren beteiligt werden. Die Vertreter des Naturschutzverbandes BUND äußerten in diesem Fall jedoch keine Bedenken. Sie schlugen der Naturschutzbehörde sogar vor, ein Plangenehmigungsverfahren statt eines Planfeststellungsverfahrens durchzuführen, mit dem eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verbunden gewesen wäre.

Die Nachbarn haben keine Einwendungen erhoben. Insgesamt mussten acht Personen bzw. Institutionen (TÖB) an dem Verfahren beteiligt werden (§ 100 Landeswassergesetz NRW (LWG) i. V. m. § 74 Abs. 6 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)). Dies veranlasste Herrn Schmidt, zusammen mit einem Planungsbüro eine umfangreiche Dokumentation zu erstellen. Die Planungsunterlagen mit 96 Plänen erreichten eine Gesamtfläche von 32 qm, der Antrag mit den dazugehörigen Erläuterungsberichten nahm 360 Seiten ein.

Immer neue Auflagen durch die Behörde nach Antrag auf Plangenehmigung

Der Antrag auf Erteilung einer Plangenehmigung gemäß § 31 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG) über eine Laufzeit von 25 Jahren wurde von Herrn Schmidt im April 2004 gestellt und berücksichtigte alle Wünsche der Teilnehmer der Anhörung. Die Antwort der Behörde enthielt elf neue Forderungen. Beispielsweise wurde verlangt, dass die Statik des Teichdamms und der seit achtzig Jahren bestehenden und befahrenen Dammstraße noch einmal überprüft werde, um eventuellen Unterspülungen vorzubeugen. Außerdem forderte man im Rahmen der Bilanzierung den Einbau einer Fischaufstiegsanlage an der Ableitung des Obergrabens, um den Fischen die Wanderung flussaufwärts zu ermöglichen, obwohl sich 1 km unterhalb des Wasserrads die Ennepe-Talsperre befindet, deren Mauer ein unüberwindbares Hindernis für die Fische darstellt. Der Bau der Fischtreppe war ein kostspieliges Unterfangen, da zu diesem Zweck 120 Tonnen Wasserbaustein verbaut werden mussten. Zu den größten Nutznießern dieser behördlichen Auflage gehören nun die Fischreiher, die an der Aufstiegsanlage Position beziehen und für die die sich nach oben kämpfenden Fische eine leichte Beute sind. Eine explosionsartige Vermehrung der amerikanischen Flusskrebse stellte einen weiteren, durch die Fischtreppe verursachten und von der Behörde sicherlich nicht gewollten Effekt dar. Allein im Frühling und Sommer dieses Jahres hat Herr Schmidt sechshundert Flusskrebse aus dem Stauteich geholt, damit die Jungfische eine Überlebenschance bekommen.

Nachdem die neuen Auflagen erfüllt worden waren, stellte Herr Schmidt erneut einen überarbeiteten Antrag auf Plangenehmigung, der wie schon der erste 360 Seiten zählte. In Gesprächen mit der Behörde teilte man ihm jedoch vorab mit, dass dem Vorhaben nicht zugestimmt werden könnte. Weitere Auflagen seien noch zu erfüllen. Die vom Land Nordrhein-Westfalen zugesagte finanzielle Förderung für das Wasserrad drohte durch weitere Verzögerungen zu entfallen. Um dem nach seiner Überzeugung willkürlichen Behördentreiben ein Ende zu setzen, startete Herr Schmidt eine Medien- und Politikkampagne.

Plangenehmigung erhält 26 Nebenbestimmungen

Im April 2005 wurde ihm schließlich eine Plangenehmigung mit 26 Nebenbestimmungen und 7 Hinweisen erteilt. Auf diese Weise konnte die Wasserkraftanlage Anfang des Jahres 2006 tatsächlich in Betrieb genommen werden. Die Baukosten für die Anlage betrugen 55.000 Euro, die Verfahrenskosten erreichten die stolze Summe von 25.000 Euro. Aufgrund aller zu erfüllenden Auflagen kann die Anlage nur an 2.520 Stunden im Jahr mit Volllast und an 3.360 Stunden mit einer Teillast zwischen 200 und 400 l/s gefahren werden. Würde man die Wasserentnahme aus der Ennepe für das Wasserrad auf über 400 l/s erhöhen, müsste ein noch komplizierteres Verfahren über den Regierungspräsidenten in Arnsberg durchlaufen werden.

Herr Schmidt kündigte die Fortsetzung seines Falles an…

Stand der Falldarstellung: 12/2007

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