Rolf Hüttebräuker, Ennepetal

Auskunftspflicht zur Dienstleistungsstatistik stellt für Unternehmer enormen bürokratischen Aufwand dar

Herr Hüttebräuker betreibt ein Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen in Ennepetal, das sich auf die Vermietung und Verpachtung von Immobilien sowie den Vertrieb von Rollläden, Sonnenschutz und Bauelementen spezialisiert. In seinem Beitrag beschwert sich Herr Hüttebräuker über den mit dem Ausfüllen der Dienstleistungsstatistik verbundenen Aufwand.

Erfüllung der Auskunftspflicht nimmt mehrere Stunden in Anspruch

Grundlage für die jährlich stattfindende Strukturerhebung im Dienstleistungssektor bildet das Dienstleistungsstatistikgesetz   (DIStatG)   vom   19.12.2000   in   Verbindung   mit   dem Bundesstatistikgesetz (BStatG) vom 22.01.1987 (BGBI. I S. 462, 565), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 09.06.2005 (BGBI. I S. 1534). Seit Beginn der Erhebung in 2001 für das Jahr 2000 sind als Stichprobe 15 % der aus dem Dienstleistungsbereich kommenden Unternehmen und Einrichtungen als auskunftspflichtig bestimmt worden. Die Auswahl der Erhebungseinheiten erfolgte nach mathematisch-statistischen Verfahren. Im Falle eines Verweigerns der Teilnahme an der Erhebung kann von den Behörden ein Ordnungsgeld von bis zu 5.000 Euro verhängt werden. Darüber hinaus kann das Erfüllen der Auskunftspflicht mittels Zwangsgeldes durchgesetzt werden.

 Die Erfüllung der Auskunftspflicht nimmt mehrere Stunden in Anspruch; deshalb bemühte sich Herr Hüttebräuker um eine Streichung aus der aktuellen Stichprobe beim Statistischen Landesamt Nordrhein-Westfalen. Seine Bemühungen blieben jedoch erfolglos, da die Rechtsgrundlage der Dienstleistungsstatistik keine Ausführungen zur Neuziehung der Stichprobe enthält und der Behörde nach eigenen Angaben somit die rechtliche Möglichkeit fehlt, Herrn Hüttebräuker von seiner Berichtspflicht zu befreien. Nach der letzten Mahnung und einer Androhung von Ordnungsgeld entschloss sich Herr Hüttebräuker jeweils Ende 2001 und 2002 dazu,  die von  ihm geforderten, ausgefüllten Statistiken für die Jahre 2000  und  2001 nachzureichen. Ähnlich verhielt er sich in Bezug auf die Statistiken der Jahre 2003 bis 2006. Nur unter mehrfach schriftlich geäußertem Protest reichte er die verlangten Statistiken mit zweijähriger Verzögerung beim Landesamt NRW ein.

Gesetzlich vorgesehenes Rotationsprinzip bei Herrn Hüttebäuker nicht angewendet

In der Begründung zur Einführung der Dienstleistungsstatistik wurde darauf hingewiesen, dass das derzeitige Programm der Bundesstatistik und das Datenangebot sehr unterschiedlich und zum Teil äußerst lückenhaft seien. Auch die EU habe in einer Verordnung die Lieferung vergleichbarer statistischer Daten von allen Mitgliedstaaten auf nationaler und regionaler Ebene angeordnet. Dabei fanden Überlegungen über den auf Unternehmerseite mit der Statistik verbundenen Aufwand Eingang in die Begründung zum DIStatG. Die Kosten für die Unternehmen wurden auf 6,3 bis 13,5 Mio. DM beziffert. Den Berechnungen wurde ein Stundensatz zwischen 70 und 150 DM zugrunde gelegt. Des Weiteren sollten die Berichtskreise nicht stärker als für die Erzielung repräsentativer Ergebnisse vonnöten in die Befragung einbezogen werden, d. h. die maximal 20 %ige Stichprobe sollte möglichst nicht ausgeschöpft werden. Von den ca. 650.000 vorhandenen Dienstleistungsunternehmen sollten 90.000 befragt werden. Das Auswahlverfahren sieht im Übrigen einen systematischen Austausch der jeweils Auskunftspflichtigen vor. Diese Rotation dient dazu, die Belastung der Befragten, die durch eine sich jährlich wiederholende Beteiligung an der Erhebung entsteht, abzubauen und somit eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Auskunftsverpflichtung zu erreichen. In Abhängigkeit vom Auswahlsatz in den einzelnen Stichprobenschichten ist dabei eine vollständige oder partielle Rotation der Stichprobeneinheiten möglich. De facto wurde ein solcher Austausch der Auskunftspflichtigen im Fall von Herrn Hüttebräuker sechs Jahre lang nicht einmal in Erwägung gezogen. In einer im Jahre 2004 an ihn gerichteten eMail erklärte die Behörde, dass die durchzuführende Dienstleistungsstatistik eine neue Statistik darstelle und daher der Kreis der Berichtspflichtigen zunächst konstant gehalten werden müsse, um die Qualität der Ergebnisse einschätzen zu können.

Herr Hüttebäuker kämpfte bereits mehrfach gegen Bürokratismus

Seinen Unmut über die Statistik hat Herr Hüttebräuker auch in einem Fragebogen geäußert, der im Rahmen einer Aktion zum Bürokratiekostenabbau in Bezug auf Informationspflichten auf EU-Ebene entwickelt worden ist.

In der Vergangenheit hat Herr Hüttebräuker mehrmals gegen die Bürokratie gekämpft. So hat er sich gegen eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der Handwerkskammer und der IHK erfolgreich zur Wehr gesetzt. Da die Beitragsbescheide bereits Bestandskraft erlangt hatten, konnte der zu Unrecht erhobene Beitrag einer der Kammern jedoch nicht mehr wiedererlangt werden. Außerdem wies er mehrfach auf die zusätzlichen Belastungen durch die seit dem Jahr 2006 vorgezogenen Zahlungen von Sozialabgaben und an die Berufsgenossenschaft hin. 

Stand der Falldarstellung: 12/2007

 

Update 07/2013: Hier hat Kritik ein wenig für Bewegung gesorgt und mit Änderung des Gesetzes über Statistiken im Dienstleistungsbereich (DIStatG) Existenzgründer für einen begrenzten Zeitraum von der Auskunftspflicht befreit:

§ 5 DIStatG (alte Fassung)

Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder Leiter der Unternehmen oder Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit. Die Auskunftserteilung zu den Angaben nach § 4 Nr. 2 ist freiwillig.

§ 5 DIStatG (seit dem 01.01.2008 gültige Fassung)

(1) Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder Leiter der Unternehmen oder Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit. Die Auskunftserteilung zu den Angaben nach § 4 Nr. 2 ist freiwillig.

(2) Für Unternehmen, deren Inhaber Existenzgründer im Sinne des § 7g Abs. 7 Satz 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210, 2003 I S. 179) sind, besteht im Kalenderjahr der Betriebseröffnung abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 2 keine Auskunftspflicht. In den beiden folgenden Kalenderjahren besteht dann keine Auskunftspflicht, wenn das Unternehmen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr Umsätze zusammen mit Einnahmen aus selbständiger Arbeit in Höhe von weniger als 500.000 Euro erwirtschaftet hat.

Schlüssel zum Akzeptanzproblem

Sicherlich würde es die Akzeptanz gegenüber Auskunfts- und Berichtspflichten erhöhen, soweit erkennbar würde, ob diese Daten wirklich in der Ausführlichkeit oder Häufigkeit benötigt werden.

Das Gesetz enthält in § 7 DIStatG eine weise Ermächtigung an die Bundesregierung, Anpassungen der vorgesehenen Ausführlichkeit und Häufigkeit der Abfrage der Daten vorzunehmen, falls diese nicht in der vorgesehenen Ausführlichkeit und Häufigkeit benötigt bzw. genutzt werden. Inwieweit diese Überprüfungen gewissenhaft erfolgen und inwieweit der Apparat zu einer kritischen Prüfung seiner eigener Routine fähig ist, erfahren die fleißigen Datenlieferanten bislang nicht.

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