Paul-Gerhard Distell, Wermelskirchen

Wiederaufbau von Gebäuden führt 60 Jahre später zu Behördenstress

Die Wurzeln der bürokratischen Probleme, mit denen das Ehepaar Distell zu kämpfen hatte, reichen bis in die Zeit um 1870 zurück. Damals hatte ein Bürger aus Wermelskirchen drei Wohnhäuser auf einem größeren Grundstück errichtet. Das mittlere erwarb später der Großvater von Herrn Distell und errichtete 1903 hinter dem Gebäude ein Schlachthaus, für dessen Nutzung er eine Konzession erhielt.

Kurz vor Kriegsende zerstörte eine Luftmine das Schlachthaus, das Wohngebäude auf dem linken Nachbargrundstück und zum Teil auch das Wohngebäude der Distells, von dem nur die Außenmauern erhalten blieben.

Als er 1946 aus der Gefangenschaft heimkehrte, baute der Vater von Herrn Distell das Wohngebäude und das Schlachthaus etwa in der alten Form auf dem ursprünglichen Standplatz wieder auf. Bei dieser Gelegenheit wurde das Grundstück neu vermessen. Dabei stellte sich überraschend heraus, dass die Grundstücksgrenze zum linken Nachbargrundstück, anders als vermutet, schräg verläuft. Das hatte zur Folge, dass das Schlachthaus einige Zentimeter auf dem Grundstück des Nachbarn steht, dieser wiederum, wenn auch mit einer kleineren Fläche, das distellsche Grundstück nutzte.

Der Nachbar hatte damals wegen des Baus auf seinem Grundstück geklagt. Im Rahmen eines Vergleichs gestanden die Distells dem Nachbarn zu, beim Wiederaufbau seines Wohngebäudes dessen Standort so zu verändern, dass die linke Außenwand des Schlachthauses zugleich als rechte Wand des neuen Wohngebäudes dienen konnte. Die Grundstücksgrenze verläuft durch diese Mauer.

Behörde verfügt Abriss wegen fehlender Baugenehmigung

Zwanzig Jahre später verkaufte der Nachbar sein Grundstück. Nachdem der neue Nachbar 40 Jahre in seinem Gebäude Wand an Wand mit dem in der ganzen Zeit bestimmungsgemäß genutzten Schlachthaus gewohnt hatte, wandte er sich an das Umweltamt in Köln und beschwerte sich über die Belästigung durch Lärm aus dem angrenzenden Schlachthaus.

Geräusche werden im Wesentlichen von Aufzügen im Schlachthaus hervorgerufen, die aber gemäß Messungen von Herrn Distell insgesamt nicht länger als 15 Minuten in der Woche in Betrieb sind.

Auf Grund der Beschwerde des Nachbarn und von Messungen des Umweltamtes nahm sich das Ordnungsamt der Sache an und verlangte eine Baugenehmigung von Herrn Distell. Als dieser eine Genehmigung nur für das 1903 errichtete Schlachthaus, nicht aber für den Wiederaufbau im Jahre 1946 vorweisen konnte, verfügte das Ordnungsamt den Abriss des Gebäudes als illegal errichteten Schwarzbau. Ausgenommen davon war die linke Außenmauer des Gebäudes, deren Entfernung den Einsturz des an ihr verankerten Wohngebäudes des Nachbarn zur Folge gehabt hätte. Im Widerspruchsverfahren wies Herr Distell vergeblich darauf hin, dass er an das Schlachthaus mit Genehmigung des Bauamtes ein Kühlhaus mit einem Badezimmer angebaut habe, das sich jetzt als illegaler Anbau an ein illegal aufgeführtes Gebäude darstellte.

Verwaltungsgericht hebt Abrissverfügung wieder auf

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht führte zur Aufhebung der Abrissverfugung unter der Auflage, dass Herr Distell den großen Aufzug im Schlachthaus unbrauchbar macht und nur die kleineren Aufzüge benutzt, was den Ablauf seines Betriebes nicht beeinträchtigt. Zwei Drittel der Verfahrenskosten trägt der Staat. 

Stand der Falldarstellung: 12/2007

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